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Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 11:54:

  irisches Sportpferd mit Pass?

Hallo zusammen,

da sich einige hier wirklich gut auskennen, möchte ich heute eine Frage stellen bzw. euch meine Überlegungen mitteilen.

Bekannte aus der Reitergruppe hier lokal haben ein irisches Sportpferd (Braunschecke gekauft) und gestern habe ich ihn laufen sehen.
Es ist keins meiner Trainings- oder Reitstundenpferde, aber trotzdem interessiert es mich sehr.
Er läuft im Schritt passig, trab sehr 4-schlägig und gebunden und geht Pass (Tempo relativ, dazu müsste ich es auf gerader Strecke und im Vergleich sehen). Galopp war als Kreuzgalopp vorhanden.

Ist das Passlaufen hier vom Gangbild eigentlich ein Fall für den Tierarzt, ist es auf biomechanisch unpassende Muskulatur und fehlende Ausbildung zurückzuführen oder haben irische Sportpferde teilweise echten Rennpass?
Vielleicht auch eine Mischung aus allem?

Kennt ihr große Pferderassen aus dem Norden, die echten Rennpass haben?
Alle größeren Gangpferderassen, die ich bisher im Unterricht hatte, waren 4-gängig mit teilweise wirklich richtig schönem und lockerem Tölt, aber ohne ernsthaften Passantritt.

Ich freue mich über einen Austausch.
Liebe Grüße
Thea



Geschrieben von Tess am 16.07.2023 um 12:50:

  RE: irisches Sportpferd mit Pass?

Zitat:
Original von Thea_Roesler

Ist das Passlaufen hier vom Gangbild eigentlich ein Fall für den Tierarzt, ist es auf biomechanisch unpassende Muskulatur und fehlende Ausbildung zurückzuführen oder haben irische Sportpferde teilweise echten Rennpass?
Vielleicht auch eine Mischung aus allem?


Ich denke letzteres. Passiger Schritt, gebunden, Kreuzgalopp ... das weist irgendwie auf ein körperliches Problem hin. Dass darüber hinaus eine laterale Veranlagung vorhanden ist, ist aber auch sehr gut möglich.

Zitat:
Original von Thea_RoeslerKennt ihr große Pferderassen aus dem Norden, die echten Rennpass haben?

Gerade die Tinker im ursprünglichen Sinne (also deutlich weniger "kaltblütig" als so, wie man sie heute kennt) haben häufig eine Passveranlagung.



Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 13:13:

  RE: irisches Sportpferd mit Pass?

Zitat:
Original von Tess
Zitat:
Original von Thea_RoeslerKennt ihr große Pferderassen aus dem Norden, die echten Rennpass haben?

Gerade die Tinker im ursprünglichen Sinne (also deutlich weniger "kaltblütig" als so, wie man sie heute kennt) haben häufig eine Passveranlagung.


Ist das eine Passveranlagung, ohne, dass sie Tölt zeigen?

Wäre es in der Theorie (wird bei diesem Pferd möglicherweise nicht eintreffen) möglich, sie sehr gut zu gymnastizieren und körperlich aufzubauen (ich würde das Pferd als "Rehapferd" trainieren). Das alles mit dem Ziel, dann irgendwann richtig guten und auch schnellen, aus dem Handgalopp legbaren Rennpass zu erhalten?



Geschrieben von Norn am 16.07.2023 um 13:26:

 

Ich habe auch ein Irisches Sportpferd in der Kundschaft mit exakt gleichem Problem/Gangbild.
Es stand schon in der Klinik aber ohne Befund, wird regelmäßig von mir behandelt, aber ohne nennenswerte Großbaustellen.

Es stand auch mehrere Monate bei einer Trainerin mit Biomechanik und Dressurhintergrund, die versucht hat gegen die Trageerschöpfung zu trainieren und den Galopp mit Cavaletti Arbeit und Freispringen zu verbessern. Sowie der Trab und Schritttakt. Leichte Verbesserungen waren zu erkennen, aber die laterale Veranlagung bleibt...

Ich bin der Meinung, dass es einfach ein Gangpferd ist und man den Viertakt fördern sollte im "Tölt" statt sich zu sehr drauf zu versteigern, den "Gang" zu eliminieren.



Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 13:52:

 

Spannende Erfahrungen!
Das, was ich gestern gesehen habe war lateraler Zweitakt, fast durchgängig.

@Norn: Trainieren sie das Pferd dann im 4-Takt, Trab, Pass oder ne Kombi aus allem?
Schwacher Rumpftrageapparat und sehr schlechte Oberlinie hat der von gestern auch im Angebot, trägt sein Übriges dazu bei ...



Geschrieben von Norn am 16.07.2023 um 16:05:

 

Nein, die Leute haben keine Ahnung von Gangpferden, drum fördern sie das auch null!



Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 16:38:

 

Zitat:
Original von Norn
drum fördern sie das auch null!


Schade!



Geschrieben von Zambezi am 16.07.2023 um 18:57:

 

Importpferde aus Irland haben sehr häufig Passveranlagung und werden zum Teil auch als Gangpferde angeboten. Diese Pferde werden gezielt für die in Irland sehr populären Passrennen gezüchtet. Meist sind es Kreuzungen aus Gipsy Vanner/Tinker mit amerikanischen Trabern/Standardbred.
Viele irische Pferde haben Defizite, was den Trainingszustand und das Vertrauen zum Menschen anbelangt, daher würde ich zunächst mal Wert auf eine gute Grundausbildung legen. Wenn die Grundlagen und die Vertrauensbasis stimmen, würde ich das Pferd wie einen stark passveranlagten Fünfgänger trainieren. Mit der starken lateralen Veranlagung wird man sich irgendwie arrangieren müssen, Evtl. ist es möglich, einen gut zu sitzenden, lockeren Tölt oder Passtölt hinzukriegen. Der Trab lässt sich bestimmt auch noch verbessern und trägt dann dazu bei, die diagonale Muskulatur zu stärken. An ein medizinisches Problem würde ich erst mal nicht denken, denn Passveranlagung ist bei irischen Schecken fast schon normal, aber es schadet sicher nicht, das abklären zu lassen.



Geschrieben von Ragna am 16.07.2023 um 19:14:

 

Wenn diese irischen Kreuzungen tatsächlich American Standardbred drin haben, ist die Passveranlagung ja nicht verwunderlich.



Geschrieben von Zambezi am 16.07.2023 um 19:25:

 

Hier mal ein paar Bilder als Ballinsloe/Galway, ab Sekunde 0:50 sind einige gangveranlagte Pferde zu sehen (und leider auch, wie schlecht sie zum Teil geritten werden)
https://youtu.be/kpXDvpjxDP0

Ich hatte auf Youtube auch mal ein Video gesehen, in dem die Pferde vor dem Sulky liefen, aber das finde ich grad nicht mehr.



Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 21:03:

 

Zitat:
Original von Ragna
Wenn diese irischen Kreuzungen tatsächlich American Standardbred drin haben, ist die Passveranlagung ja nicht verwunderlich.


Ja, auf jeden Fall!
Das war jetzt sehr aufschlussreich. Danke für die Erklärungen, Zambezi!

Überarbeitet, weil Name falsch geschrieben. smile



Geschrieben von Lind am 16.07.2023 um 21:27:

 

Wir waren im letzten Jahr in Irland zufällig bei so einer Horseshow. Da gabs es auch so ein Rennen, bei dem ich anfangs nicht verstanden hab, welche Gangart man da eigentlich reiten sollte. Im Grunde zeigte es aber alles, was hier angesprochen wurde.
Viele Pferde hatten eine schlechte Oberlinie und eine schwachen Trageapparat. Sie waren (zumindest in dem Rennen, bei anderen Wettbewerben war es zum Teil ganz anders) schlecht geritten, sahen nicht wirklich entspannt aus und durch die Reitweise haben sie sich sicher verspannt.
Überwiegend sind sie Rennpass gelaufen oder dann halt Kreuzgalopp.

Wenn man so ein Pferd hat, dann hat es bestimmt mehrere Baustellen. Kommt auch darauf an, ob und wie es in Irland schon geritten wurde.
Ich denke, man muss an vielen Stellen arbeiten. Vertrauen gewinnen, damit es überhaupt entspannt laufen kann, möglicherweise Verspannungen und Blockaden lösen, Gymnastizieren und Muskeln aufbauen, damit die körperlichen Mängel so gut wie möglich ausgeglichen werden und dann kann man mal schauen, was an Gangveranlagung wirklich da ist.
Vermutlich sind viele dieser Pferde wirklich sehr stark passveranlagt. Ähnlich wie bei Islandpferden die Rennpasser. Da sind die anderen Gänge auch oft nicht so toll.



Geschrieben von Thea_Roesler am 16.07.2023 um 22:19:

 

Danke für all eure Erfahrungen und den Input. Ich denke halt, dass jemand der keine Gangpferdevorerfahrung hat, sich echt schwer tut so ein Pferd biomechanisch sinnvoll, langanhaltend gesund zu trainieren.
Mit dem Hintergrundwissen kann ich aber besser einordnen.
Gestern war ich ehrlicherweise total verwundert bis geschockt und muss sagen, dass die 5-Gänger, die ich bisher im Training hatte, alle erstaunlich nette und sinnvoll reitbare Grundgangarten hatten, selbst solche, die auf IPZV-Turnieren erfolgreich Passprüfungen liefen (Blivar von Birkenlund, Ós von Árnaholt).
Ein irisches Sportpferd (Mix?) damit vergleichen, wäre aber vermutlich unfair.



Geschrieben von Atli am 17.07.2023 um 10:14:

 

Allerdings großes Grinsen

Denn gerade Blivar, Ós und vergleichbare sehr gute Fünfgänger und Rennpasser hatten eine sehr gute Grundausbildung und sind quasi immer gut, also gesund geritten worden Augenzwinkern

Bei dem Iren ist eigentlich normale Basisarbeit angesagt. Dabei musst du zu vermutlich Anfang die Gangart nehmen, die kommt, obwohl der Trab dafür ideal wäre und Beweglichkeit ins ganze Pferd installieren. Darüber kommt der Viertakt und auch Trab kommt bzw wird besser. Galopp habe ich sehr lange weggelassen, denn der wird über gute Trab- und Töltarbeit automatisch besser ...



Geschrieben von Thea_Roesler am 17.07.2023 um 10:48:

 

Danke Astrid für Deine Einschätzung.
Vermutlich werden es die neuen Besitzerinnen nicht umsetzen können bzw. nicht als notwendig einstufen. Schade, aber so ist das manchmal. Er soll in erster Linie Geländepferd werden.



Geschrieben von Zambezi am 17.07.2023 um 11:06:

 

Ja, das ist wirklich schade unglücklich Denn auch Geländepferde sollten eine gute Grundausbildung bekommen bzw. ist es in dem Falle wahrscheinlich eher eine Korrektur. Mit den Pferden in Irland wird halt irgendwie geradeaus geschrubbt, so war mein Eindruck. Mit einem Pferd, das nicht annähernd losgelassen und locker läuft, würde mir persönlich das Reiten im Gelände keinen großen Spaß machen.

Inzwischen kenne ich einige (Zufalls-)Besitzer von Gangpferden, die auf den Gang keinerlei Wert legen und ihn gezielt weggeritten haben, weil sie damit nichts anfangen konnten und auch keine Lust hatten, sich "einzuarbeiten". Die haben sich alle zusammengerauft, aber es hat manchmal etwas länger gedauert.



Geschrieben von Blesa am 17.07.2023 um 13:53:

 

Man darf auch nicht vergessen, dass Islandpferde schon immer als Reitpferde gezüchtet wurden, die irischen Pferde allerdings eher als Zugpferd und die haben ein ganz anders Exterieur.



Geschrieben von Ragna am 17.07.2023 um 20:52:

 

Dazu kommt, dass die Iren bei aller angeblicher Pferdeliebe oft recht grob und unsensibel mit Pferden umgehen. Bevor ich 2004 nach Irland ging, hatte ich noch nie so lange, ungepflegte Hufe am lebenden Objekt gesehen, nur auf Fotos.


Ich habe mir gerade das verlinkte Video und das darauffolgende von einer Horse Show im Juni 2023 angesehen. Da kann einem schlecht werden, wie da geritten wird.



Geschrieben von AnjaK. am 18.07.2023 um 08:43:

 

Zitat:
Original von Ragna

Ich habe mir gerade das verlinkte Video und das darauffolgende von einer Horse Show im Juni 2023 angesehen. Da kann einem schlecht werden, wie da geritten wird.


Ich weiß nicht, ob ich das selbe Video gesehen habe. Bei mir war es ein Pferdemarkt.
90% Männer. Was passiert mit den Pferden, die nicht verkauft werden? Werden die gegessen?

ich könnte so einen "Markt" nicht besuchen, ohne ihn mit mindestens 5 Tieren wieder zu verlassen. unglücklich
Deshalb geh ich da nicht hin. Finde es aber mehr als schrecklich. unglücklich



Geschrieben von glumur am 18.07.2023 um 08:56:

 

Zitat:
Original Anja K.: Bei mir war es ein Pferdemarkt.
90% Männer. Was passiert mit den Pferden, die nicht verkauft werden? Werden die gegessen?

Viele gehen rüber nach UK als billige Freizeitpferde.
Und von da aus auch öfters nach Deutschland weiter.
Irland hat viele wirtschaftlich ziemlich abgehängte Gegenden und reichlich Kriesen durch. Wilde Mixe die übrig sind, werden dort von UK-Händlern für ein paar hundert Euro eingekauft und sind im brittischen Freizeitreiterbereich weit verbreitet, weil sie oft hübsch und bunt sind. Viele davon auch mit Gangveranlagung.
Brexit hat den Import etwas verkompliziert und vermutlich werden in Zukunft mehr irische Pferde direkt auf den europäischen Markt kommen ohne Umwege über UK.

edit, ne sind ja in Irland auch Euros und die Pfund nur umgerechnet


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